In diesem Workshop geht es rund um kritische Lichtsituationen und um spezielle Techniken um Unschärfen bei langen Belichtungszeiten zu vermeiden. Hier gibt es zwei Anwendungsfälle. Zum einen die klassischen Schnappschüssen von Personen und anderen möglicherweise bewegten Motiven, bei denen man so viel wie möglich aus der misslichen Situation herausholen möchte, ohne gleich astronomisch hohe ISO-Werte einstellen zu müssen. Der andere Anwendungsfall ist die Nachtfotografie, bei der man sich viel Zeit lassen kann und der Motivschwerpunkt auf unbeweglichen Objekten wie z.B. Architektur liegt.
1. Low-Light-Situationen allgemein
Schießt man bei schwacher Beleuchtung Fotos aus freier Hand, wird man selten über 0.5 Sekunden Belichtungszeit realisieren können – außer vielleicht wenn man Verwackelungsunschärfe als stilistisches Mittel einsetzen möchte. Die Technik der Kamera ist hierbei das limitierende Moment: Bei kleinen Kompaktkameras wie der hier verwendeten Canon IXUS 750 wirken schon Bilder mit 400 ISO sehr unansehnlich und können selbst auf 9x13cm-Abzügen nicht mehr überzeugen.
Die beiden folgenden Bilder verdeutlichen den Zusammenhang zwischen eingestellter Empfindlichkeit und Sensorrauschen im Bild:
Schon mit einem kleinen Dreibeinstativ für etwa 5€ (wie unten im Schatten zu sehen) kann man Bilder mit 5-10s Belichtungszeit und einem sehr geringen ISO-Wert realisieren. Ein solches Stativ bekommt man fast immer auf einer Mauer oder einem Mülleimer aufgebaut. Meine Empfehlung also: Ein kleines, leichtes Stativ gehört in die Grundausstattung eines jeden Nachtschwärmers:
Eine geringe Empfindlichkeit und lange Belichtungszeit ermöglichen auch mit preiswerten Kompaktkameras rauscharme Nachtaufnahmen. Sollte man dennoch ein Foto aus der Hand schießen müssen, lohnt es sich dies beim langsamen Ausatmen zu tun, dabei hat man mit Abstand die ruhigste Hand.
2. Nachtfotografie
Bei Nachtfotos ist das Setup im allgemeinen immer sehr ähnlich. Stativ und Fern- bzw. Selbstauslöser sind Pflicht. Die ISO-Empfindlichkeit liegt bei der niedrigsten native Empfindlichkeit der Kamera. Diese liegt im allgemeinen um ISO 100. Viele Kameras bieten zwar auch ISO 50, die geht jedoch oft mit einem Dynamikverlust einher, der gerade in der Nachtfotografie schwerer wiegt, als das (leicht reduzierte) Sensorrauschen. Die Blende sollte man im Programm AV oder M je nach verwendetem Objektiv um f/16 wählen, um einen guten Kompromiss zwischen Beugungs- und Tiefenunschärfe zu erzielen.
Automatische Bildverbesserungen, Konstrastverbesserungen, Rauschunterdrückungen oder ähnliches sollte man bei der Nachtfotografie ausschalten, wie auch den Bildstabilisator des Objektivs.
3. Besonderheiten von Spiegelreflex-Kameras
Werden Belichtungszeiten von 1/15 Sekunden und länger verwendet, kann die durch den umklappenden Spiegel ausgelöste Erschütterung zu Verwackelungsunschärfen führen. Dies sieht man besonders, wenn man mit extrem langen Brennweiten oder Makroobjektiven fotografiert. Die EOS-Spiegelreflexkameras besitzen unter dem Menüpunkt Spiegelverriegelung die Möglichkeit das Umklappen des Spiegels zeitlich von der Belichtung zu trennen. Hier wird zwischen dem Wegklappen des Spiegels und der eigentlichen Belichtung eine kurze Zeit gewartet. Die Option ist jedoch über das Menü der Kamera nur mit vielen Klicks erreichbar. Um eine Spiegelvorauslösung schnell und einfach zu erreichen, kann man sich auf mit der Live-View-Funktion behelfen. Hier wird der Spiegel ebenfalls vor der Aufnahme zurückgeklappt. Die Live-View-Funktion sollte man jedoch sparsam verwenden, weil durch die Sensorerwärmung zu einem stärkeren Sensorrauschen führt. Um die Erschütterungsunschärfen im Live-View-Modus noch mehr zu reduzieren kann über den Menüpunkt „Leise LV-Aufnahme“ der elektronische Verschluss aktiviert werden. Dadurch wird der mechanische Verschluss nur noch zum beenden der Belichtung verwendet.
Gerade bei Langzeitbelichtungen sollte man versuchen Streulicht zu vermeiden. Oft unterschätzt wird hier das Licht, das von Hinten durch den Sucher eindringt. Bei der Belichtungsmessung schaut man noch durch den Sucher und verdeckt ihn, die eigentliche Aufnahme wird jedoch durch störendes Licht von Hinten beeinträchtigt. Am Band der Kamera ist für diesen Fall eine Kummilasche angebracht, die man statt der Sucherabdeckung auf den Sucherschacht stecken kann. Die Störungen durch von Hinten einfallendes Licht können so effektiv vermieden werden.